Der Mythos Wasseropal - Wissenslücken und Verwirrung
Am Sonntag (15.09.24) haben wir im Livesale über Wasseropale geredet. Wir wollten über einige Fehlinformationen, die schon seit Jahren in der Mineralszene kursieren aufklären. Im Laufe der letzten Jahre haben wir schon oft Themen besprochen, die kontrovers waren und mit denen man ein paar Menschen verärgert hat. Sowas wie am Sonntag haben wir aber noch nicht erlebt. Wie sich ein Mythos, trotz eindeutiger Gegenbeweise, so lange halten kann, können wir nicht verstehen. Deshalb haben wir uns nochmal hingesetzt und uns dazu entschieden, einen Beitrag nur zu der einen Frage zu schreiben - Müssen Wasseropale im Wasser sein?
In den folgenden Zeilen stellen wir uns den Fragen und Vorwürfen, die man uns entgegengebracht hat. Jede Aussage wird mit Quellen belegt, die direkt hinter den Aussagen verlinkt werden.
Disclaimer
Bevor wir uns den Fragen stellen und den Beweisen widmen, möchten wir eine Sache klarstellen. Ihr könnt mit euren Opalen privat machen, was auch immer ihr wollt. Ihr wollt sie trocken lagern? Macht das. Ihr wollt sie nass lagern? Dann macht das. Uns geht es nicht darum, was jeder bei sich privat zuhause macht. Wie bei jedem anderen Thema geht es um die Fakten und die Fehlinformationen, die zum Thema X kursieren. Mehr nicht. Wir wollen den Markt und die Art verändern, wie mit Informationen von Händlern umgegangen wird, nicht die Geschmäcker unserer Kunden.
1) Was sind Wasseropale?
Zunächst einmal muss klargestellt werden, dass der Begriff "Wasseropal" nur ein Handelsname ist. Im Gegensatz zu vielen anderen Handelsnamen, die keinen Sinn ergeben, kann man hier aber schon verstehen, warum dieser genutzt wird. Damit besteht also grundsätzlich kein Problem. Der fachlich bessere Begriff ist "Hydrophan". Wasseropale sind Hydrophane (Quelle Nummer 1 (direkt im Abschnitt "Alternative Names for Water Opal")). Es ist dasselbe, kann man überall nachlesen. Keine Ahnung, woher in letzter Zeit der Trend kommt, diese Begriffe zu trennen.
Bei der Diskussion hier geht es speziell um Wasseropale aus Äthiopien. Es gibt Hydrophane nicht nur dort, sondern zum Beispiel auch in Mexiko, dies lassen wir in dem Beitrag aber außer Acht, da es keine Rolle spielt.
Die Opale werden in Äthiopien in Wegel Tena in der Wollo Provinz gefunden, oft findet man sie auch unter "Welo-Opale", das ist dasselbe (Quelle Nummer 2 (im Abschnitt "Location and access")). Der Großteil der dort gefundenen Opale haben einen hydrophanen Charakter. Das bedeutet, dass sie, wenn sie mit Wasser in Kontakt kommen, ihr Aussehen verändern. Die oftmals milchigen Opale werden transparent und das Farbspiel kann sich intensivieren oder verändern (z.B. sieht man mehr Farben des Farbspiels) (Quelle Nummer 3 ).
2) "Wasseropale werden im Wasser gefunden und müssen deshalb auch im Wasser bleiben"
Nein. Kein Hydrophan/Wasseropal wird im Wasser gefunden. Das ist ja das Lustige an der Situation. Diese Opale liegen sehr lange trocken in der Erde, werden irgendwann eventuell geborgen, trocken in Eimern den Berg, auf dem sie gefunden werden, runtergetragen, trocken weiterverschickt und sind vorher generell gut ohne Wasserkontakt ausgekommen und Händler stellen sich dann hin und sagen, dass sie ohne Wasser nicht erhalten werden können, weil sie sonst zerbrechen. Das würde, wenn wir diesen Gedanken ein Mal zu Ende denken, im Umkehrschluss bedeuten, dass es gar keine erhaltenen Hydrophane aus Äthiopien geben kann, wenn alle ohne Wasser zerbrechen. Aber es gibt sie, komisch.
Wasseropale entstehen aus silikatreichem Wasser, das ist richtig. Das gilt aber auch für Chalcedon, viele Quarze und alle anderen Opale. Da unseres Wissens nach niemand seinen Chalcedon oder Bergkristall im Wasser lagert, damit er nicht bricht, reicht das nicht als Argument dafür, sie im Wasser lagern zu müssen. Aber kommen wir mal genauer auf den Fundort zu sprechen.
Gefunden werden die Opale bei Tsehay Mewcha, 17km nordöstlich von Wegel Tena. Tsehay Mewcha befindet sich auf einem Plateau 3200m über dem Meeresspiegel. Die Schicht, in der sich die Opale befinden, liegt ~350m unterhalb des Plateaus. Die Region besteht aus einer circa 3000m breiten Schicht aus alternierendem Basalt und rhyolithischem Ignimbrit. Innerhalb dieser gesamten Sequenz gibt es eine 1m breite Schicht aus Ignimbrit, welche die äthiopischen Opale enthält. Dort füllt der Opal die Hohlräume des Ignimbrits aus (Quelle Nummer 4). Unterhalb dieser opalführenden Schicht befindet sich eine Schicht aus Ton. Dieser Ton ließ das silikatreiche Wasser (aus dem die Opale entstanden sind) nicht durchsickern, sodass das Wasser oberhalb des Tons „feststeckte“. Aus diesem silikatreichen Wasser bildete sich Kieselgel aus welchem wiederum der Opal entstanden ist (Quelle Nummer 5).
Heißt also, dass seit der Entstehung des Opals an dieser Stelle kein Wasser mehr war. Der Hydrophan liegt folglich nicht während der letzten circa 30mA im Wasser und wird dann auch so verkauft. Der Opal liegt trocken im Stein und wird auch so abgebaut.
Abb. 1: Fundstelle der Hydrophane (Bildquelle 1)
Hier ein komplettes YouTube-Video, in dem man die Fundstelle sehr gut sieht und mit den Minenarbeitern gesprochen wird: Gem Adventures In Ethiopia: On The Hunt For Opal
Und hier könnt ihr den Bericht zu genau dem Video lesen: Ethiopia - The people and their opals
3) "Wasseropale entstehen im Wasser/sind aus Wasser und müssen deshalb in ihrem natürlichen Habitat bleiben"
Nein. Opale bestehen aus Wasser und Siliciumdioxid, das ist richtig, allerdings gilt das für alle Opale, nicht nur für die Hydrophane aus Äthiopien (Quelle 6). Nach dieser Begründung müssten also auch australische, mexikanische und alle anderen Opale in Wasser gelagert werden.
4) "Wasseropale werden milchig und bekommen Risse/zerbrechen, wenn sie trocken gelagert werden"
Nein. Wasseropale sind zwar im Vergleich zu anderen Opalen recht stabil und auch ziemlich robust, was wahrscheinlich etwas ist, mit dem die allermeisten von uns nicht rechnen. Dennoch haben sie, besonders welche mit schlechterer Qualität, Risse. Diese Risse werden laut einer Untersuchung der GIA (Gemmologisches Institut Amerika) durch vom Opal aufgesogenes Wasser größer (Quelle 7, Quelle 7.1). Also nicht durch das trockene Lagern, das Austrocknen oder Ähnliches.
Es gibt auch Hydrophane aus Äthiopien, bei denen nichts Sichtbares passiert, obwohl sie häufiger getrocknet und befeuchtet wurden. Dabei handelt es sich allerdings um Hydrophane besserer Qualität, bei denen man auch im trockenen Zustand keinen Riss erkennt (Quelle 8). Sogar aus größeren Höhen hat man sie fallen lassen, wo nichts passiert ist. Man sieht also, dass die Angst vor diesen Opalen beziehungsweise mit dem Umgang dieser, oftmals sehr überspitzt durch den Markt dargestellt werden.
Risse können also durch das Aufsaugen von Wasser entstehen, allerdings nicht durch das Austrocknen. Eine viel größere Gefahr für die Hydrophane sind Temperaturschwankungen, Hitze und direkte Sonne, allerdings wird von der Lagerung in Wasser auch häufig abgeraten, da dadurch das Farbspiel beeinträchtigt werden kann (Quelle 9).
Viele Wasseropale werden milchig, wenn sie trocken sind beziehungsweise transparent, wenn sie nass sind, das ist richtig. Das ist aber nichts Schlechtes. Es ist der einzige Weg, wie man ohne Labor ohne Probleme feststellen kann, ob es sich bei dem Opal, den man sich gekauft hat, um einen Hydrophan handelt. Jeder kann das Zuhause nachmachen. Keine Ahnung, warum die Milchigkeit oder Klarheit jeweils als gut und schlecht dargestellt werden, es ergibt keinen Sinn.
In der folgenden Quelle geht es vor allem um die Auseinandersetzung mit behandelten Opalen, es wird aber auch an einigen Stellen die generelle Beschaffenheit der Hydrophane und auch die Wasserthematik angesprochen. Das Ganze ist sehr lesenswert: Quelle 10.
5) "Aber im Wasser sind Wasseropale schöner"
Es kommt drauf an. Milchige Hydrophane werden nach der Aufnahme von Wasser klarer und intensivieren ihr Farbspiel und sehen somit meist hübscher aus. Klare, trockene Hydrophane ändern sich nach Wasseraufnahme sogar fast garnicht, bei ihnen macht es also keinen Unterschied (Quelle 11, S.94). Und am Ende ist die Optik immer eine Geschmacksache, wie bei allen anderen Mineralen.
6) "Aber warum werden Wasseropale immer im Wasser verkauft?"
Eigentlich ist der Grund dafür sehr offensichtlich. Erstens, wie bereits erwähnt, viele finden feuchte Hydrophane hübscher als trockene. Zweitens werden durch die Wasseraufnahme die im Hydrophan bereits vorhandenen Risse sehr gut kaschiert und können somit besser und teurer verkauft werden (Quelle 12). Und Drittens, es wirkt sehr besonders, wenn alle Minerale auf dem Markt ohne Probleme trocken angeboten werden und es dann ein Mineral gibt, welches unbedingt in Wasser gelegt werden muss, weil es ansonsten angeblich kaputt geht. Es ist Marketing gepaart mit Unwissenheit. Mehr nicht.
7) "Warum sagen alle, das Wasseropale im Wasser sein müssen?"
Gute Frage, einfache Antwort: Weil sie keine Ahnung haben und ihre Information aus Hörensagen sammeln. Das mag vielleicht fies klingen, aber die allermeisten haben von ihrer Ware keine Ahnung und oder vertrauen ihren Großhändlern blind. Ich habe meinen Shop auch sehr wissenslos gestartet und auch jedem Händler vertraut, wie die meisten anderen auch. Nur mir ist mit der Zeit bewusst geworden, dass dieses Wissen unfassbar wichtig ist und ich möchte, dass meine Kunden genau wissen, was sie kaufen, woher es kommt und was damit einhergeht. Auch meine Großhändler hinterfrage ich regelmäßig, das gehört zum Job dazu, wenn ich am Ende des Tages die richtigen Informationen an euch weitergeben möchte. Die wenigsten Händler informieren sich über das, was sie verkaufen. Und da geht es nicht nur um Opale. Auf einmal ist in Larimar Quarz drin, dann gibt es grünen Amethyst, Spessartin wird auf einmal unterteilt in normalen Granat und Spessartin, nur weil sich die Farbe leicht unterscheidet und und und, die Liste geht ewig weiter. Dass das Opal Thema bei Fehlinformationen keine Ausnahme ist, sollte keinen, der versucht, Minerale zu verstehen, wundern.
8) "Warum geht ihr immer auf andere Shops?"
Zum Schluss möchte ich mich zu dieser Thematik äußern. Ich kann das mit einem sehr einfachen Satz zusammenfassen: Schweigen bringt keine Veränderung.
Als Erstes müssen wir den Fakt betrachten, dass nicht meine Oma falsche Sachen über Minerale hinausposaunt, sondern tatsächlich andere Shops. Natürlich setzen wir uns hin und sagen das auch so, wir nennen aber nie Namen. Sich angesprochen zu fühlen, sollte einem aber definitiv zu denken geben. Was denkt ihr, wie viele Nachrichten ich wöchentlich bekomme, weil Shops ihren Kunden kein Geld erstatten wollen, obwohl sie es müssten. Wie viele Leute schon über den Tisch gezogen wurden und das nicht nur beim Benennen der Minerale oder bei irgendwelchen Fakten zu eben jenen, sondern auch bei wichtigen rechtlichen Dingen.
Wenn auch nur eine Person wirklich glaubt, dass es hier darum geht, andere Shops "zu canceln" oder ihnen das Geschäft zu ruinieren, dann hat man mir nie zugehört. Wollte ich mit irgendetwas, was ich mache, einfach Shops "aus dem Weg räumen", hätte ich das mit Abmahnungen bezüglich einem falschen Impressum, Steuerhinterziehung, lizensierten Carvings, rechtswidrigen AGB, nicht vorhandenen Gewerbescheinen, Heilwirkungen oder Sätzen wie "Heilwirkungen sind nicht erwiesen" und so weiter einfach erledigen können. Die Abmahnungssummen, die da zusammenkämen, sind sehr hoch, daran würden einige Shops sofort zugrunde gehen.
Und auch wenn mir all die Dinge, die ich eben aufgezählt habe, selbstverständlich wettbewerbsrechtlich und menschlich aufstoßen, habe ich das nie getan. Ich habe am Ende des Tages, egal, wie hart ich rede und wie sehr ich kritisiere, immer die Hoffnung, dass man zuhört, sich hinterfragt und etwas ändert. Nicht nur dem eigenen Shop gegenüber und wettbewerbsrechtlich auch anderen Shops gegenüber fair zu sein, sondern auch seinen Kunden gegenüber, von denen viele nunmal auch meine Kunden sind. Am Ende habe ich und werde ich auch immer sagen, dass ihr da kaufen sollt, wo ihr euch wohlfühlt. Nur möchte ich euch dabei an die Hand geben, dass man Dinge hinterfragen sollte und dass auch Shops ihre Großhändler hinterfragen müssen. Nur, weil man erfolgreich mit etwas ist, bedeutet das nicht automatisch, dass alles richtig ist, was man sagt. Das trifft auf jeden von uns zu, weshalb Quellen in wissenschaftlichen Bereichen so wichtig sind und wir sie immer heranziehen, um euch Transparenz gewähren zu können.
Es ist okay, wenn mich Shops deshalb nicht mögen, das halte ich aus. Wenn man sich aber hinsetzt und verbreitet, dass Neid, Missgunst oder einfach Konkurrenzdruck die Gründe sind, weshalb sich jemand für das Richtige einsetzt, dann kann ich auch nicht mehr helfen. Es wird sich aber nunmal nichts ändern, wenn wir alle weiterhin schweigen, obwohl wir etwas verändern könnten. Vielleicht macht mich das nicht beliebt, aber ich kann am Ende des Tages in den Spiegel schauen und mir sagen, dass ich alles mache, damit sich Dinge ändern.